Musikverein „Germania“ 1840
Donzdorf e.V.

HISTORIE

1840 – 1903

Bereits im Jahre 1840 fand in einem Protokoll des Liederkranzes eine Blechmusik Erwähnung. Das älteste vorhandene Musikvereinsprotokoll aus dem Jahre 1850 belegt die Gründung eines sogenannten „Kirchen-, Musik- und Jünglingsbundes“, der sich jedoch bereits sechs Jahre später möglicherweise infolge Meinungsverschiedenheiten über kirchliche und weltliche Musikbestrebungen auflöste, zumal noch im selben Jahr eine „weltliche Conzertmusik“ ins Leben gerufen wurde. Über die Aktivi-täten dieser Kapelle ist nichts niedergeschrieben worden.

Die Protokolle werden erst im Jahre 1863 fortgesetzt. Sie geben Aufschluss, dass als Musikdirigent Johannes Agster fungierte und die Kapelle unter dessen Leitung in „sehr gutem Ruf“ gestanden haben muss. Diese musikalische Blütezeit fand jedoch mit dem Tod von Johannes Agster im Jahr 1879 ein jähes Ende. Unter seinem Nach-folger zogen sich viele ältere Musiker, die das Gerippe des Vereins bildeten, zurück. In den Folgejahren beschränkte sich das musikalische Wirken auf die finanziell zwar lukrative, jedoch wenig anspruchsvolle Hochzeitsmusik. Die 80er und die 90er Jahre des 19. Jahrhunderts verliefen ohne Höhepunkte im Vereinsgeschehen; Protokollniederschriften aus dieser Zeit fehlen, was belegt, dass es um den Verein nicht zum Besten stand.

1903 – 1945

Die Aufbruchstimmung in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts erfasste auch die Vereinsmitglieder. 1903 wurde der Verein in der Gaststätte „Traube“ neu gegründet und erhielt den Beinamen „Germania“. Bei der nachfolgenden Wahl wurde u.a. Richard Baumann zum Vorstand gewählt, Johannes Agster, ein gleichnamiger Enkel des 1879 Verstorbenen, zum Kapellmeister berufen. Die Protokolle geben Zeugnis über eine Vielzahl von Feiern und Mitgliederaufnahmen. Das in jenen Jahren immer stärker durch militärische Elemente geprägte zivile Leben kam auch in der Uniformierung der Musiker zum Ausdruck. Das Jahr 1904 war gekennzeichnet von Spannungen innerhalb des Vereins, die darin gipfelten, dass Johannes Agster den Dirigentenstab niederlegte. Sein Nachfolger wurde Adolf Oberhäuser. Mit der Vereinstreue der Musiker war es damals offensichtlich nicht zum Besten bestellt. Deshalb wurde im Jahr 1905 vereinbart, dass die Musiker die Verpflichtung einzugehen haben, „drei Jahre zu bleiben“, andernfalls die Festsetzung einer Konventionalstrafe verhängt wird, welche für den Dirigenten 100 Mark betrug. Trotzdem kam es in den folgenden Jahren immer wieder zu Wechseln in der Person des Dirigenten.

Mit Beginn des 1. Weltkrieges 1914 wurden auch die meisten Musiker zu den Waffen gerufen, was dazu führte, dass das Vereinsleben nahezu brach lag. Nach Ende des 1. Weltkrieges fanden sich sehr rasch wieder einige Musikbegeisterte zusammen, doch fehlte es an der notwendigen Unterstützung, so dass dem Neuanfang zunächst noch kein Erfolg beschieden war. Die anlässlich des 75-jährigen Jubiläums der Turngemeinde Donzdorf im Jahre 1923 für die Gestaltung der Festmusik engagierte und dabei mit hervorragenden musikalischen Leistungen auswartende Eislinger Musikka-pelle hinterließ bei den Donzdorfer Musikfreunden einen sehr nachhaltigen Eindruck und in dem Bestreben, die Grundlagen für ein ähnlich leistungsfähiges, eigenes Orchester zu schaffen, ging ein Ruck durch den Verein. Unter der musikalischen Lei-tung von Xaver Klaus stieg die Zahl der aktiven Mitglieder stetig an und auch der musikalische Leistungsstand der Kapelle besserte sich merklich.

So konnten in den nachfolgenden Jahren bei den Wertungsspielen in Eislingen 1925, Schwäbisch Gmünd 1926, Ebersbach und Weißenburg/Bayern 1928 sowie Neuffen 1929 sehr gute Erfolge erzielt werden. Im Jahre 1928 wurde erstmals ein Fronleichnamskonzert abgehalten und damit eine bis zur Gegenwart bewahrte Tradition begründet. Im Gefolge von Differenzen mit der Kapelle gab der bis dahin sehr erfolgreiche Dirigent Xaver Klaus 1930 die Stabführung ab.

Als neuer Dirigent konnte Obermusikmeister Max Schmidt aus Schwäbisch Gmünd gewonnen werden, von dessen musikalisch-künstlerischen Qualitäten die Musikkapelle profitierte. Bei den Jubiläumsfeierlichkeiten 1931 im Bechergarten präsentierte sich das Orchester auf einem beachtlichen musikalischen Niveau. Die Zeit des „Drit-ten Reiches“ beeinflusste das Vereinsleben in vielerlei Hinsicht. Die Chronik gibt darüber Aufschluss, dass der Verein schon im Jahre 1933 über eine Jugendkapelle verfügte, die von Sebastian Baumhauer geleitet wurde. Das Jahr 1935 erbrachte personelle Veränderungen innerhalb des Vereins; Johannes Rieg, der den Verein seit 1926 als Vorstand geführt hatte, legte sein Amt nieder. Nachfolger wurde Xaver Gei-ger sen., der dieses Amt jedoch bereits ein Jahr später an Eugen Weymer abgab. Für den ausscheidenden Dirigenten Max Schmidt wurde Wilhelm Funk mit der Leitung des Orchesters betraut. 1936 fusionierten der Mandolinen-Club, der Handharmonika-Club und die Kapelle Agster mit dem Musikverein. In den Jahren zwischen 1940 und 1945 kam das Vereinsleben, bedingt durch die Einberufung zahlreicher aktiver Musiker zum Militärdienst, zum Erliegen.

1945 – heute

Der Neubeginn nach dem 2. Weltkrieg gestaltete sich schwierig, doch glücklicherweise stellten sich mit Vorstand Eugen Weymer und Dirigent Wilhelm Funk zwei bewährte Kräfte wieder in den Dienst des Vereins. Die Musikkapelle trat bei verschiedenen Anlässen auf, ehe im Jahre 1949 mit den nachträglichen Feierlichkeiten zum 100-jährigen Jubiläum ein weiterer Höhepunkt im Vereinsleben registriert werden konnte. In den Folgejahren nahm das Orchester an diversen Kritikspielen teil, bei denen überwiegend gute Ergebnisse erzielt wurden. Nach dem Tod von Vorstand Eugen Weymer 1953 übernahm Fridolin Schurr die Führung des Vereins.

Ende des Jahres 1954 trat Wilhelm Funk vom Dirigentenamt zurück. Unter Vermittlung des damaligen Bürgermeisters Georg Weber gelang es, den Bezirksvorsitzenden Anton Krieg aus Eislingen als neuen Orchesterleiter zu gewinnen. Die Anstrengungen in der Nachwuchsarbeit, um die sich Dirigent Anton Krieg besonders verdient machte, trugen erste Früchte. So konnte sich bereits im Rahmen der Jahresfeier 1958 eine Jugendkapelle dem Publikum präsentieren. Ebenfalls in jenen Jahren wurden freundschaftliche Bande mit Musikern aus dem schweizerischen Schönenwald geknüpft. Die Festlichkeiten anlässlich des 120-jährigen Vereinsbestehens im Jahr 1960 wurden als „ein Ereignis von ganz besonderer Bedeutung, einmalig in der Geschichte des Vereins“ beschrieben. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde dem Musikverein zudem als Anerkennung für seine langjährige und erfolgreiche Tätigkeit die goldene Ehrenmedaille des Bundes Deutscher Volksmusiker verliehen. 1962 wurden mit einem Freundschaftsbesuch im schweizerischen Derendingen die internationalen Verbindungen erweitert. Die hierbei geknüpften Kontakte bildeten die Grundlage für viele persönliche Freundschaften.

Als Anfang 1965 die Vorstandschaft der von Anton Krieg geäußerten Bitte, ihn aus Altersgründen von seinen Pflichten als Dirigent zu entbinden, entsprach, ging die Ära des Mannes zu Ende, der durch sein Wirken die Entwicklung des Vereins sehr positiv beeinflusst hatte. Als neuer Dirigent wurde August Walling aus Geislingen/Steige verpflichtet, der jedoch bereits ein Jahr später von Alfred Seiter abgelöst wurde. Bei der Jahresfeier 1969 trat erstmals die Big-Band des Musikvereins unter der Leitung von Manfred Messerschmid öffentlich auf. Im selben Jahr wurde in Donzdorf das 1. Lautertalmusikertreffen abgehalten, eine Veranstaltung, die bis heute im jährlichen Terminkalender jedes Lautertalmusikvereines einen festen Platz einnimmt. Im Herbst wurde bei der Generalversammlung des Vereins Gregor Barth als Nachfolger des krankheitsbedingt ausgeschiedenen Fridolin Schurr zum Vorstand gewählt. Der Neuaufbau der Jugendkapelle unter Edgar Köller gestaltete sich anfänglich schwierig, da zunächst nicht die erhoffte Zahl an Jugendlichen gewonnen werden konnte. In den darauffolgenden Jahren entdeckten jedoch offensichtlich immer mehr Jugendliche ihr Interesse an der Volksmusik und so wies die Mitgliederliste des Jahres 1976 schon 55 Jungmusiker aus. Das Blasorchester nahm sowohl 1971 in Wernau/Neckar als auch 1976 in Böhmenkirch an Wertungsspielen teil und erreichte dabei in der Mittel- bzw. in der Oberstufe gute Benotungen. 1977 verlieh der damalige Bundespräsident Walter Scheel dem Musikverein als Auszeichnung für die in langjährigem Wirken erworbenen Verdienste um die Pflege des instrumentalen Musizierens und damit um die Förderung des kulturellen Lebens die Pro-Musica-Plakette. Im Rahmen einer Feierstunde in der TG-Turnhalle überreichte Kulturstaatssekretär Dr. Weng dem Verein die Plakette. Gleichzeitig wurde dem Verein mit der Aushändigung der Bundesehrenmedaille des Bundes Deutscher Volksmusiker eine weitere bedeutende Ehrung zuteil. Eine Sternstunde erlebte das Blasorchester beim Kritikspiel 1978 in Ebersbach, wo die Jury für den musikalischen Vortrag in der Oberstufe die höchstmögliche Bewertung, einen 1. Rang mit Auszeichnung, vergab. Dieses Ereignis bildete gleichzeitig den krönenden Abschluss der Dirigentenkarriere von Alfred Seiter, der im Herbst 1978 die Stabführung an Edgar Köller abgab.

Obwohl der Verein auch in den folgenden Jahren der Jugendarbeit einen hohen Stellenwert einräumte, war insbesondere Anfang der 80er Jahre die Zahl der Anmeldungen von Jungmusikern rückläufig, was die beabsichtigte Neugründung einer Jugend-kapelle erschwerte. Eine Besserung dieser Situation war erst gegen Mitte der 80er Jahre zu verzeichnen und so verfügte der Verein bereits 1986 wieder über ein sehr gut besetztes Jugendorchester. Das Blasorchester trat bei den Wertungsspielen 1980 in Eislingen, 1984 in Boll, 1986 in Faurndau sowie 1988 in Wiesensteig in der Oberstufe an und untermauerte mit einem jeweiligen 1. Rang mit Belobigung seine gute musikalische Qualität.

Als musikalischer Botschafter jenseits der Landesgrenzen trat das Blasorchester bei den Gastspielen 1980 in Schlitters/Österreich, 1981 in der Partnerstadt Riorges in Frankreich und 1985 in Unterpremstätten bei Graz in Erscheinung. Ein Erlebnis von bleibender Erinnerung bildete die Teilnahme am Bundesmusikfest in Trier 1989, anlässlich dessen freundschaftliche Kontakte mit den Musikerkameraden aus dem Weinort Detzem an der Mosel begründet wurden. Das Jahr 1990 stand ganz im Zeichen der Festlichkeiten zum 150-jährigen Vereinsbestehen. Mit einem Konzertabend in der Stadthalle und als ausrichtender Verein im Rahmen des Kreismusikfestes wurde dieses Jubiläum gebührend gefeiert. Mit Auftritten in der Partnerstadt Neusalza-Spremberg in den Jahren 1991, 1992 und 1996 reihte sich der Verein in den Kreis derjenigen ein, die sich mit konkreten Maßnahmen in der Nachwendezeit um die Förderung eines besseren Verständnisses zwischen den Menschen im wiedervereinigten Deutschland verdient gemacht haben und leistete überdies einen Beitrag dafür, bei den Mitbürgern im östlichen Teil unseres Heimatlandes das Bewusstsein für die Volksmusik als Kulturgut zu stärken. Die Erweiterung und Vertiefung der Kontakte ins Ausland war dem Verein auch in der jüngeren Vergangenheit ein wichtiges Anlie-gen, wie die Besuche in Lilienfeld/Österreich 1992 und in Madrisio/Italien im Jahr 1995 belegen.

1999 gaben Gregor Barth als 1. Vorsitzender und Kuno Hofele als 2. Vorsitzender ihre Ämter ab und markierten damit das Ende einer über drei Jahrzehnte währenden Ära. Ihre gleichzeitige Ernennung zu Ehrenvorsitzenden und auch die im späteren Verlauf des Jahres erfolgte Auszeichnung mit dem CISEM-Verdienstkreuz war Lohn für ihre herausragenden Verdienste um die Volksmusik im allgemeinen und den Musikverein im besonderen. Als neuer 1. Vorsitzender wurde Roland König gewählt, die Funktion des 2. Vorsitzenden übernahm Matthias Sperrfechter. Anlässlich das 3. Laienmusiktages Baden-Württemberg in Müllheim am Kaiserstuhl im Jahr 2000 wurde dem Musikverein mit der Verleihung der vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel gestifteten Conradin-Kreutzer-Tafel eine weitere bedeutende Ehrung zuteil, für die nur die Vereine im Land in Frage kommen, die über die größten Traditionen und den reichsten Erfahrungsschatz verfügen sowie darüber hinaus seit 150 Jahren oder länger Bestand haben.